"Geschichten aus der Bayerischen Rauhnacht" passen hervorragend in die "staade" Zeit vor Weihnachten. Hans Reupold, Kreativ-Kopf der bayerischen Kultband "Schariwari" sammelt, schreibt und liest schon seit vielen Jahren die passenden Erzählungen dazu. Gemeinsam mit der Oberndorfer Viersaitmusi präsentierte er sie erstmals auch im Magazin 4.

 

Im Reichenhaller Tagblatt vom 24.12.2011 schrieb Katharina Stockhammer darüber folgenden Bericht:

 

Sagen und allerlei Mystik zur Wintersonnenwende

 

Hans Reupold und die Oberndorfer Viersaitmusi

mit alten Volkserzählungen zu Gast im Magazin 4

 

BAD REICHENHALL – Es ist lange her, dass sich die Bevölkerung auf dem Land die dunklen Winternächte mit Geschichten über unerklärlichen Phänomenen verkürzten. Unsere Großeltern könnten wohl noch darüber berichten. Doch im hektischen Alltag des „modernen“ Menschen haben derlei „Stories“ keinen Platz mehr. Fast scheint es, als hätten Umgehungsstraßen, Discomusik und alle Arten von Mobiltelefonen gute wie schlechte Geister aus grauer Vorzeit vertrieben.

So erklärt sich Hans Reupold die Abwesenheit von Druden, Hexen und Dämonen, die unseren Vorvätern und -müttern noch so manchen Schauer über den Rücken jagten. Der Musiker und Autor aus Kirchseeon hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Erbe seines Vaters fortzuführen. Jener hatte bereits in den 1950er Jahren begonnen, Rauhnacht-Masken zu sammeln und selbst zu schnitzen. Hans Reupold hortet zudem altes Volksgut, ergänzt diese Sammlung aber auch durch eigene Erzählungen ganz in dieser Tradition. An einem stürmischen Abend nahe der Wintersonnenwende begibt er sich mit seinen Zuhörern auf eine Reise zurück in eine „staade“ Zeit, in der es den Leuten noch „vergönnt“ war, im Haus zu bleiben, denn die Arbeit auf dem Feld war getan. Mit seiner kräftigen, variantenreichen Stimme liest er im Magazin 4 aus dem von ihm und dem Münchner Turmschreiber Alfons Schweiggert verfassten Buch „Bayerische Rauhnacht: Sagen, Mythen und Legenden“.

Während draußen der Wind orkanartig um die alten Gemäuer pfeift, freut sich Reupold augenzwinkernd über die „Wilde Jagd“, die nun auch im Reichenhaller Talkessel umherzieht und seinen Geschichten von der „Ledigen Drud“ oder der „Mettennacht“ einen mystischen Beigeschmack gibt. In letzterer wird geschildert, wie in der Christnacht die Tiere im Stall miteinander reden, wobei sich Kühe über Mägde, Rösser hingegen über Knechte unterhalten. Zu gerne hätte der Knecht Hias – ein neugieriger Geselle – selbst herausgefunden, ob das stimmt. Als die Turmuhr zwölf schlug, erfuhr er tatsächlich, dass mit einem neuen Bauernkind junges Leben auf den Hof kommen, dafür aber ein anderer „gehen“ wird. Das gescheckte Pferd verkündet: „Den Knecht tragen sie mit den Füßen voraus aus dem Haus, noch bevor der Schnee geschmolzen ist“. Von da an stand der Hias nicht mehr aus seinem Bett auf, er wurde immer schwächer, keine Medizin nutzte, sodass er an Lichtmess verstarb. Zwei Rösser haben ihn auf den Friedhof gefahren...

In „Veronika und die Troadkörndl“ geht’s lustig zu, berichtet wird von einer feschen Bauerntochter, die sich nicht recht für einen Hochzeiter entscheiden konnte. „Frau Percht und die ungetauften Kinder“ hingegen ist eine liebevolle Erzählung über das Schicksal früh verstorbener Kinder. Diese gab es im letzten Jahrhundert in fast jeder Familie, war doch die medizinische Versorgung der Mütter im Kindsbett völlig ungenügend. In einer kalten Rauhnacht klopfte es bei der Bäuerin, die erst vor kurzem ihr Kind verloren hatte, an die Tür. Barfuß, nur mit einem dünnen weißen Hemdchen bekleidet, stand da ein Kindlein und schaute sie mit traurigen Augen an. „Na, du kleines Hascherl, was machst du denn da draußen bei der Kälte?“, sprach es die Bäuerin an. Kaum dass sie geendet hat, sagte das Kind mit froher Stimme: „Hascherl! Vergelt's Gott für den Namen, jetzt bin ich erlöst!“ und war im selben Moment verschwunden.

Die Mythen und Sagen gaben den Menschen in einer Zeit, in der nicht alles wissenschaftlich erklärt werden musste, Kraft und Zuversicht, das oft schwere Leben zu meistern. Hans Reupold schafft es in seiner Lesung, mit nachdenklichen aber auch humorvollen Geschichten, einen kleinen Einblick von „Anno dazumal“ zu geben. Mal kraftvoll und laut, dann wieder leise und zurückhaltend, versucht er, dem Publikum sein Anliegen, nämlich die alten Volks-Erzählungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, nahe zu bringen.

Die ihn begleitende „Oberndorfer Viersaitmusik“ aus Steinhöring bei Ebersberg ist für Freunde echter Volksmusik eine besondere Überraschung. Riki Huber und Gertraud Lettl an den Hackbrettern, Christine Messerer an der Gitarre und Sepp Huber an der Zither gelingt es zwischen den Sagen und Mären mit ihren musikalischen Einlagen ebenfalls wunderschöne Geschichten zu erzählen. Ob mit der „Zinneberger Polka“ und der „Amalien Polka“, die von Herzog Maximilian in Bayern komponiert wurden, oder mit Mozarts „Menuett No. 2“ und dem Menuett aus „Don Giovanni“: das Quartett präsentiert unverfälschtes Kulturgut und Brauchtum aus dem Alpenraum feinfühlig und auf hohem Niveau. Ein wahrer Ohrenschmaus, der für eine Weile den hektischen Vorweihnachtsalltag vergessen lässt.