Wir haben uns schief gelacht mit dem grandiosen Hannes Ringlstetter aus "Lower Bavaria". Mit seinem Programm „Meine Verehrung!“ hat er dem Publikum viel Spaß bereitet. Hier nun der Bericht von Barbara Titze (nicht wie versehentlich im Reichenhaller Tagblatt abgedruckt von K. Stockhammer!!!) vom 16.10.2012. Die Fotos stammen von Micky Scheurl.

Die ultimative Publikumsverehrung

Hannes Ringlstetter amüsiert seine Zuhörer

im Magazin 4 mit Plänkeleien und Plaudereien

BAD REICHENHALL - Die Zuschauer im voll besetzten Magazin 4 sind sich einig: Hannes Ringlstetter mit seinem Programm „Meine Verehrung“ ist einfach spitze. Er jongliert souverän zwischen Klavier und Gitarre, ist ein Meister der Imitation von Dialekten und Stimmen, erzählt heiter und gelöst Dinge, bei denen man sich vor Lachen biegt, und schreckt auch vor spontanem Geplänkel mit dem Publikum nicht zurück.

Dazu seine witzige Mimik, die Bereitschaft, nicht nur andere, sondern immer gerne auch sich selber aufs Korn zu nehmen und seine angenehm bescheidene Art, so zu reden, als befände man sich in Gesellschaft guter Freunde in vertrautem Gespräch, das alles ist Garant für höchst erheiternde und angenehme Stunden. Dass das Publikum nicht nur zuhört, sondern auch Kommentare abgibt, ist nicht nur geduldet, sondern durchaus erwünscht. So freut sich Ringlstetter über die „angenehm renitenten Zuhörer“, die selbstverständlich gleich zu Anfang laut murren, als der Kabarettist über Bad Reichenhall plaudert, wo es wohl immer regnet, wenn er kommt, und wie toll er bei seinem ersten Besuch im Bergwerk die Rutsche fand (!?)

Man kennt den in Niederbayern aufgewachsenen Kabarettisten von seinen Auftritten in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, in Ottis Schlachthof und Grünwalds Freitags-Comedy. Er gründete die Band „Schinderhannes“ und tourte mit Goisern und Ambros.

Der Magister in Geschichte und Germanistik verfasste 2005 sein Buch „Bekenntnisse“ und hatte 2007 ein großartiges Presseecho in seiner Rolle als buckliger Knecht in „Der Watzmann ruft“ an der Seite von Nepo Fitz.  Er bekam 2010 den Fränkischen Kabarettpreis, spielte in Filmen an der Seite von Gisela Schneeberger, Christian Trapnitz und Fritz Wepper und ist seit 2011 in der Rolle des Imbissbudenbesitzers Yazid in „Hubert & Staller“ zu sehen.

Um die Verehrung dreht sich alles bei diesem Programm, deshalb bietet er dem Publikum auch gleich an, ihn die nächsten zwei Stunden mal so richtig zu verehren. Europäisch mit  Klatschen, Trampeln, Ausflippen halt, amerikanisch mit Unterwäsche-Schmeißen oder auch in der niederbayerischen Variante, durch Gründen eines Wallfahrtsorts. „Niederbayern  ist zwar nicht der Arsch der Welt, den kann man aber gut von dort aus sehen: Österreich.“ Die österreichischen Besucher buhen, amüsieren sich aber genauso köstlich wie die anderen über die Parodien der Liedermacher, die Gegenstand der Verehrung sind: Mozart, Ambros, Fendrich („Keiner kann so schleimig singen“), STS, Falco und Goisern.  Die zweite große Verehrung Ringlstetters gilt der Kirche, in der er jahrelang als Ministrant tätig war. „Spiritueller Kinderarbeiter mit Scheiß-Arbeitszeiten.“ Urkomisch die Schilderung seines Freundes Sepp Reisinger, der sich mit Schnupftabak ein Hitlerbärtchen anklebte und ihm mit rollendem R den Friedensgruß bot: „Der Frrriede sei mit dirrr!“ Das erste Open-Air-Erlebnis des Buben war die Fronleichnamsprozession. Ringlstetter versteht es meisterlich, den rauschenden, immer wieder versagenden Lautsprecher zu imitieren, aus dem eine bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Version von „Meerstern, ich dich grüße“ erklang. Ringlstetter erläutert den Unterschied zwischen Watschn („Der, der sie hergibt, kann nichts dafür, die fangt man sich, die Schuldverteilung liegt eindeutig beim Erhalter, da fällt dann in Kürze der Baum, es ist eine überreif wie bei Fallobst“), Schelle („Eine Art Geschenk, die kriegt man, da wummert einem eine Stunde lang der Kopf, die Steigerung ist ein Trumm Schellen“) und  Fotzn, bei der „die Dislokation ganz wichtig ist, Sie dürfen auf keinen Fall mehr da stehen, wo Sie vorher schon gestanden haben, hier wäre die Steigerung die Bockfotzn, gefolgt von dem Packl Fotzn, des glei amal aufgrissn ist“.

Als Jugendlicher trat Ringlstetter die Flucht in die virtuelle Welt an, die in den 70er Jahren aus dem Radiosender Bayern 1 bestand. Und auch hier zeigt er sein musikalisches Können, als er dem Publikum vorführt, was er als Siebenjähriger von den Texten eines Johnny Cash oder oberbayerischen Sängern verstanden hat – nämlich fast nichts außer gutturalen Lauten. Beim Schüleraustausch in England schlief er auf einer Matratze, „wo der Anus den Boden küsst, wenn Sie verstehen, was ich meine“, und hatte seine ersten Begegnungen „mit dem gegnerischen Geschlecht“. Er präsentiert sein erstes internationales Liebeslied, das er wie damals im Stimmbruch singt, erklärt die dörfliche Dreifaltigkeit „Kirche, Wirtshaus, Fußballplatz“ , die Dreifaltigkeit der goldenen Lebensregeln „Berge von unten, Kirche von außen, Wirtshäuser von innen“ und die drei Regeln des Niederbayern Sepp Reisinger: „1. Schönheit vergeht, Baugrund besteht. 2. Alt werdn ma vo selba und a Scheene frisst a net mehr. 3. Warum soll i furtfahrn, mir gfallts ja dahoam schon net.“

Der Kabarettist muss sich zwischendurch selber mal wieder ein bisschen verehren, um „ein paar Traumata loszuwerden, machen Sie mit, das tut Ihnen auch gut!“ Er schildert, was ihn als „Zwangsentspannten“ an modernen Essgewohnheiten von „Altbau-Arschloch-Pärchen“ aufregt, singt ein Lied für die Frauen, die er verehrt „wie der Dermatologe den Mitesser, ein Trinker die Bar, die Friseurin das Haar, der Westerwelle seine Merkel, die Muttersau ihre Ferkel…“.

Er gibt Zugaben, „Willkommen in der dritten Hälfte“, erklärt wortreich, dass man dringend eine CD von ihm kaufen sollte, weil der Verkäufer auch Kinder hat und aus Geldgründen schon auf die Jagd gehen muss. „Mit jedem nichtgekauften Produkt stirbt ein Tier des Waldes“. Er gibt noch eine Lebensweisheit bekannt: „Ein Mann, dem etwas wehtut, schreit nicht, der braucht eine Sterbebegleitung“ und fragt zum Schluss: „Keiner liebt dich, warum ich?“ Auf jeden Fall liebt das Publikum ihn, weil er ein verdammt guter Kabarettist ist!